Kinderschänder verstecken sich unter uns. Doch ohne eindeutige Beweise würde wohl niemand auf die Idee kommen, einem Mitbürger ein solch dunkles Geheimnis zu unterstellen. So kommen Personen, die im Internet Straftaten gegen Kinder begehen und Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch (Child Sexual Abuse Material, CSAM) besitzen, oft ungeschoren davon. Ihre schrecklichen Taten bleiben Freunden, Familie, Kollegen und Gemeindemitgliedern verborgen.

Nichtsdestotrotz gibt es immer Anzeichen. Sie finden sich in den Verhaltensweisen und digitalen Fußspuren dieser Personen. Eine kluge Strafverfolgung kombiniert diese Hinweise mit den richtigen Strategien und treibt Ermittlungen so voran. 

Profiling von Tätern

Zunächst müssen wir uns ein Bild von den Tätern und ihren charakteristischen Merkmalen machen. Nachdem ich Hunderte von Ermittlungen im Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch durchgeführt und dabei auch Verdächtige befragt habe, habe ich festgestellt, dass es drei verschiedene Typen von Kindesmissbrauchstätern oder Phasen in ihrem Handeln gibt.

  • Gaffer: Gaffer haben erkannt, dass sie sich zu Kindern hingezogen fühlen, und suchen im Internet nach Bildern und Videos, die ihr sexuelles Verlangen stillen. Oft sind sie sich dessen bewusst, dass ihr Verhalten falsch ist, sprechen aber mit niemandem darüber.
  • Bestätiger: Als Bestätiger bezeichne ich Gaffer, die aktiv den Kontakt zu anderen Personen mit ähnlichen sexuellen Interessen suchen, um ihre Gefühle als normal zu bestätigen. Diese Personen können Gruppen angehören, die Dateien austauschen. Mitunter missbrauchen Sie auch aktiv Kinder, etwa wenn sich eine Gelegenheit ergibt. 
  • Überzeugungstäter: Diese Täter haben kein Problem mit ihrer sexuellen Vorliebe und denken, dass die gesellschaftlichen Normen in Bezug auf sexuellen Kindesmissbrauch engstirnig sind. Diese Täter werden Kinder sexuell missbrauchen und ihr Verhalten rationalisieren. Sie sind davon überzeugt, dass Kinder sexuelle Wesen sind und dass ihnen beigebracht werden muss, wie sie eine sexuelle, liebevolle Beziehung mit einem Erwachsenen eingehen. Diese Straftäter können gewalttätige, bösartige Soziopathen sein. 

Bei den meisten Tätern bleibt es nicht beim Besitz oder der Verbreitung von CSAM. In der Butner-Studie mit 155 inhaftierten Sexualstraftätern (die nur wegen des Besitzes von CSAM inhaftiert waren), die über einen Zeitraum von 18 Monaten durchgeführt wurde, gab eine große Anzahl von Straftätern den physischen Missbrauch mindestens eines Kindes zu.  

Das macht deutlich, wie wichtig die Verfolgung von Online-Verbrechen gegen Kinder ist. 

Die Butner-Studie stellt eine bestimmte Vorstellung in Frage: nämlich dass CSAM-Täter „nur mit Bildern zu tun haben“*. Diese Vorstellung impliziert, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass solche Täter ein Sexualdelikt an einem Kind begehen.  

Doch die Beweise sprechen dagegen.

Wenn wir die Anzeichen kennen, können wir wachsam gegenüber diesen Straftätern sein, die sonst vielleicht unbemerkt bleiben.

Die Anzeichen kennen

Kinderschänder können eine Kombination der folgenden Lebensgewohnheiten und Merkmale aufweisen:

  • Verbringt mehr Zeit als üblich in Isolation 
  • Ist oft ein sozial unbeholfener erwachsener Mann, der keine offensichtliche Motivation hat und bei seinen Eltern lebt 
  • Hat nur begrenzten sexuellen Kontakt mit seinem Partner oder Ehepartner 
  • Ist kontrollierend und defensiv 
  • Verbringt viel Zeit am Computer und im Internet 
  • Ist ein erwachsener Mann oder älterer Teenager, der seine Zeit lieber mit Kindern verbringt 
  • Sagt möglicherweise etwas Ungewöhnliches über Kinder oder versucht, seine Partnerin in Gespräche über sexuellen Kindesmissbrauch zu verwickeln 
  • Wurde bereits in der Vergangenheit des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt

Beachten Sie, dass es noch weitere Merkmale gibt und dass die oben genannten Punkte für sich genommen noch keinen Beweis darstellen. Doch es sind die Gemeinsamkeiten, die beobachtet wurden. Und wenn Sie diese kennen, haben Sie ein besseres Gespür dafür, wie Sie Täter aufspüren können, wenn die Sicherheit von Kindern in Gefahr ist.  

Strategien für Ermittler

Bei heiklen Ermittlungen ist es wichtig, klug und strategisch vorzugehen.

Die wichtigste Regel unter Berufsveteranen lautet, ein ruhiges und professionelles Auftreten zu wahren. Bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses, sei es in einer Wohnung, an einem öffentlichen Ort oder anderen privaten Räumlichkeiten, sollte man detailliert und methodisch vorgehen.

Bei der Durchsuchung einer Wohnung oder eines Unternehmens sollte ein gewaltsames Eindringen möglichst vermieden werden. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekanntzumachen. So soll sichergestellt werden, dass sich Beamte im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten bewegen. 

Sobald Sie vor Ort sind, durchsuchen Sie die Räumlichkeiten nach elektronischen Geräten: Computer, Smartphones, Server, Flash-Laufwerke und andere elektronische Geräte.  Achten Sie auf alles, was ungewöhnlich ist – seltsam platzierte Gegenstände oder kleine Löcher, in denen Miniaturkameras versteckt sein könnten. 

Moderne Kameras sind so unauffällig geworden, dass sie ein gängiges und relativ gefahrloses Werkzeug für Sexualstraftäter darstellen, um CSAM-Inhalte zu produzieren. Eine schnelle Online-Suche zeigt Ihnen die verschiedenen Verkleidungen, in denen sie sich verstecken können: Telefonladegeräte, Rauchmelder und Uhren. Einige Kameras sind sogar in Steckdosen versteckt. Diese Geräte sind mit einer Micro-SD-Karte oder einem Speicherlaufwerk verbunden – das Beweise für CSAM-Aktivitäten enthalten könnte. Um zu veranschaulichen, wie wahllos diese Täter vorgehen können, sei an den Vorfall erinnert, bei dem ein Mann aus San Jose eine versteckte Kamera in einem Starbucks unter dem Waschbecken gegenüber der Toilette installierte. Der Täter nahm Material von über 90 Opfern im Alter zwischen vier und 85 Jahren auf.

Informationen aufspüren und mit anderen zusammenarbeiten

Obwohl Hinweise potenziell von allen Anwesenden und Zeugen gefunden werden können, erfolgt die Verbreitung von Informationen oft asymmetrisch. Die Ermittlung von Schlüsselpersonen, die befragt werden sollen, kann Ihre Ermittlungen beschleunigen. Als Profis sollten die Ermittler auch auf Kinder und indirekte Opfer achten und sicherstellen, dass die Räumlichkeiten während der Durchsuchung nicht beschädigt werden.

Wenn Sie elektronische Beweismittel (z. B. Smartphones) zur weiteren Analyse mit Ihren Cellebrite-Tools sammeln, sind diese Tipps sehr hilfreich: 

  • Versuchen Sie, die PIN oder den Zahlencode des Benutzers oder eines Familienmitglieds herauszufinden, und schreiben Sie sie bzw. ihn in den Durchsuchungsbeschluss.
  • Beschaffen Sie sich von Verdächtigen Identifikationsmerkmale wie Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer und andere wichtige Nummern (Nummernschilder, Jahrestage usw.).
  • Sammeln Sie auf rechtmäßige Weise ältere Telefone zur Entsperrung mit Cellebrite Inseyets Premium.
  • Viele der älteren Telefone verwenden denselben oder einen ähnlichen Zahlencode.
  • Besprechen Sie die gesammelten Informationen mit Ihren Kollegen und werden Sie kreativ beim Erraten von Passcodes.
  • Versuchen Sie, eine Verbindung zu den indirekten Opfern (in der Regel Ehepartner der mutmaßlichen Täter) herzustellen, die wertvolle Informationen zum Verständnis des mutmaßlichen Täters und zum Aufbau Ihres Falls liefern könnten. 

Direkte Hinweise in E-Mails und Nachrichten

CSAM-Sammler ergreifen Maßnahmen, um ihr Material zu verbergen. Sexualstraftäter verwenden unauffällige Namen oder Codes, um die Namen von Ordnern und Dateien zu verschleiern, oder verstecken das Material tief in verschachtelten Unterordnern. Dennoch können Sie in ihrem sozialen digitalen Fußabdruck Anzeichen für kriminelle Aktivitäten finden.

Wie die Geschichte zeigt, geht es bei Internetverbrechen gegen Kinder und dem Besitz von CSAM häufig um den Austausch von Informationen zwischen gleichgesinnten Tätern (siehe Bestätiger und Überzeugungstäter). Ihre Korrespondenz über E-Mails und Messaging-Apps könnte also Hinweise liefern. Halten Sie Ausschau nach: 

  • Freundschaftsanfragen oder anderen Benachrichtigungen, die häufig per E-Mail verschickt werden 
  • Alten Posts, die längst aus der ursprünglichen Anwendung gelöscht wurden 
  • Verdächtigen Benutzerkontoinformationen 
  • Zusätzlicher Tipp: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen (auch Sexualstraftäter) Screenshots von ihren Nachrichten machen. Sie können die optische Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, OCR) von Cellebrite Pathfinder nutzen, um automatisch Textinformationen aus Screenshots zu extrahieren.

Professionell bleiben, um Kinder zu schützen

Die besten Ermittler lassen ihre persönlichen Gefühle beiseite, wenn sie Verdächtige befragen, und konzentrieren sich stattdessen auf das, was zählt – die betroffenen Kinder und das Verhindern künftiger Missbrauchsfälle. Es ist ratsam, diese missionsorientierte Einstellung mit einem Höchstmaß an Zusammenarbeit zu verbinden. Ermittlungseinheiten und Teams für digitale Forensik müssen synchron arbeiten, um die schwer fassbaren Täter zu identifizieren, die aktiv ihre Spuren verwischen und Beweise verschleiern. Teilen Sie Ihre Erkenntnisse, wenn möglich, mit anderen, auch mit der Öffentlichkeit. So erhalten Sie möglicherweise fehlende Informationen und Live-Updates zu aktuellen Vorfällen und können Ihrem Team ein umfassenderes Bild vermitteln. Wenn es um den Schutz von Kindern geht, können es sich Ermittler nicht leisten, ein einziges Detail zu verpassen.

Page McBeth ist ein Veteran der Oregon-Taskforce zur Bekämpfung von Internet-Verbrechen gegen Kinder, wo seine Ermittlungsarbeit zur Verurteilung von Dutzenden von Straftätern führte. Als Customer Success Manager bei Cellebrite hilft Page Strafverfolgungsbehörden dabei, digitale Ermittlungslösungen, insbesondere Cellebrite Pathfinder, zu nutzen, um in Kriminalfällen Zusammenhänge aufzudecken. Page bietet Strafverfolgungsbehörden regelmäßig Best Practices für die Untersuchung von Verbrechen gegen Kinder, insbesondere von Internet-Kriminalität. Er kennt sich mit dem Ermittlungsprozess bestens aus und ist ein großer Befürworter der Zusammenarbeit zwischen der digitalen Forensik und den Ermittlungseinheiten, um möglichst erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen. Page hat in seiner 30-jährigen Karriere unzähligen Opfern zu ihrem Recht verholfen.

* https://www.ojp.gov/ncjrs/virtual-library/abstracts/butner-study-redux-report-incidence-hands-child-victimization-child

** https://www.nbcbayarea.com/news/local/south-bay/san-jose-hidden-camera-starbucks/3487175/ 

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