
Polizei von Cumbria setzt Maßstäbe in digitaler Forensik und Ermittlungsarbeit
International ist die nordenglische Grafschaft Cumbria vor allem für ihre spektakuläre Natur mit glitzernden Seen, Bergen und Tälern bekannt. Wenn es nach der regionalen Polizeibehörde geht, soll die Region aber künftig auch für ein hohes Maß an Sicherheit stehen. Schließlich zieht Cumbria jedes Jahr Millionen Touristen an, die Milliarden Pfund in die Wirtschaft bringen.
„Wir arbeiten nach dem Prinzip der vier Cs: Contempt for criminality, compassion for victims, community focus and care for colleagues – also Verachtung für Kriminalität, Mitgefühl mit Opfern, Fokus auf die Gemeinschaft und Fürsorge für unsere Kolleginnen und Kollegen“, erklärt Detective Superintendent Andy Myers. Er leitet bei der Cumbria Constabulary die Forensikabteilung, zu der auch die Digital Forensic Unit (DFU) gehört.
Praktisch jede Ermittlung hat inzwischen eine digitale Komponente. „Unser Team umfasst heute 15 Personen, mich eingeschlossen – eine Mischung aus Polizeibeamten und zivilem Personal. Wir sind 365 Tage im Jahr im Einsatz“, sagt Ralph Henderson, Leiter der DFU seit 2019 und seit 1986 im Polizeidienst.
„Unsere Arbeit wächst mit der Digitalisierung: mehr Ermittlungen, mehr Geräte, mehr Daten, größere Komplexität. Unser Ziel ist, die Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen – und den Betrieb auch an Wochenenden oder zu jeder beliebigen Tageszeit am Laufen zu halten.“
Opferzentrierte Polizeiarbeit

Digitale Beweise stehen im Mittelpunkt jeder Untersuchung. „Wir sind verpflichtet, ethisch zu handeln. Wir tun das Richtige und folgen den Spuren, wohin sie uns führen – ob sie nun unsere ursprüngliche Hypothese bestätigen oder widerlegen“, sagte Myers.
Die Einheit arbeitet eng mit den 43 Polizeibehörden des Landes zusammen, tauscht Informationen aus und unterstützt andere Einheiten mit Laborkapazitäten, wenn diese fehlen. Hilfe bekommt sie unter anderem von der National Crime Agency bei Online-Ermittlungen zu Kindesmissbrauch.
„Wenn wir Hinweise haben, dass jemand illegales kinderpornografisches Material abgerufen hat, liefert uns die NCA zunächst die entsprechenden Informationen. Unser Online-Child-Abuse-Team bearbeitet diese Fälle weiter und wird dabei durch digitale Forensik unterstützt“, erklärt Myers. „Ein großer Teil unserer Arbeit dient den Einheiten, die gegen Online-Kindesmissbrauch ermitteln. Daneben legen wir besonderen Fokus auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie auf Vergewaltigungs- und Sexualdelikte – das sind absolute Prioritäten.“
„Wir sind in Cumbria sehr opferorientiert“, ergänzte Henderson.
Zu den zentralen Werkzeugen der DFU zählt Cellebrite Inseyets, eine Lösung, die den Zugriff auf nahezu alle Mobiltelefone ermöglicht. Dadurch kann das Team sämtliche Fälle im Labor bearbeiten – was unnötige Verzögerungen in Ermittlungen deutlich reduziert.
Die Notwendigkeit einer Cloud-Lösung
Cumbria ist riesig – über 4.200 Quadratkilometer groß – und die Durchquerung der Grafschaft kann bis zu eineinhalb Stunden dauern.
„Viele Kolleginnen und Kollegen müssen bislang persönlich zu uns ins Labor kommen. Das beansprucht Ressourcen: mehr Fahrten, höhere Kosten, Umweltbelastung, verschwendete Arbeitszeit. Eine cloudbasierte Lösung war die logische Konsequenz“, so Myers.
Derzeit arbeitet Cumbria deshalb an der Akkreditierung durch den United Kingdom Accreditation Service (UKAS), um mit Cellebrite Guardian ein vollständig cloudbasiertes System für Beweismanagement und Fallbearbeitung einzuführen, mit dem digitale Beweise sicher erfasst und über die Cloud geteilt werden können.
„Opfer, aber auch die Gerichte erhalten damit die Sicherheit, dass unsere Arbeit von einer nationalen Prüfstelle begutachtet wurde – und den erforderlichen Standards entspricht. So schützen wir uns vor Fehlurteilen und vermeiden Angriffsflächen für die Verteidigung“, erklärt Myers.
Schon in der Einführungsphase zeigt sich, wie Guardian die Arbeit beschleunigt.
„Wenn ein Ermittler einen Handybericht direkt in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich einsehen kann, kann er sofort reagieren – und der Gemeinde schneller helfen“, sagt Myers. „Cumbria wird damit unmittelbar sicherer, anstatt dass der Ermittler zunächst anderthalb Stunden bis zur zuständigen Dienststelle fahren muss. Die Möglichkeit, von überall in der Grafschaft auf Daten zuzugreifen, ist für uns ein echter Gewinn.“
„Aber auch aus Sicherheitsgründen hat das System enorme Vorteile: Wir müssen keine verschlüsselten Festplatten oder USB-Sticks mehr quer durchs Land transportieren, die Datenübermittlung erfolgt praktisch in Echtzeit“, ergänzt Henderson.
Myers fügt hinzu: „Früher stürzten große Dateien beim Download oft ab, weil die Bandbreite zu gering war. Diese Probleme gehören der Vergangenheit an. Heute läuft alles sofort – und das steigert nicht nur die Effizienz, sondern auch die Motivation der Ermittler.“
Und Motivation ist entscheidend: „Wir bekommen durchweg positives Feedback. Viele sagen, es sei wie ein frischer Wind: sofortiger Zugriff, keine Reisen, keine stundenlangen Downloads oder Abstürze. Das sind echte Fortschritte. Eine zufriedenere Mannschaft erzielt bessere Ergebnisse“, so Myers.



Eine „Techie“-Ermittlerin verknüpft die Beweise
Detective Louise Rayment, seit 21 Jahren bei der Polizei Cumbria, gehört zu den erfahrenen Mitgliedern des Teams. Während ihrer Zeit in der Drogenermittlung wurde sie auf einen neuen Kurs für Digital Media Investigators aufmerksam gemacht. „Mein Vorgesetzter sagte: ‚Du bist doch technisch begabt – kannst du nächste Woche diesen Kurs besuchen?‘ Also bin ich hingegangen“, erinnert sie sich. „Ich war schon immer technikaffin – das habe ich wohl von meinem Vater. Es liegt in der Familie.“ Heute arbeitet Rayment seit fast zehn Jahren in der digitalen Forensik.
In dieser Zeit hat sich enorm viel verändert – insbesondere die Menge und Vielfalt der Daten auf Geräten. „Das ist überhaupt nicht mehr vergleichbar“, sagt Rayment über die Übergabe von Handys an die DFU zur Datenauswertung. „Was wir heute auslesen können, hätte man sich damals nicht träumen lassen.“
Um Zusammenhänge zwischen mehreren Geräten in Ermittlungen aufzudecken, nutzt Detective Rayment Cellebrite Pathfinder. 2020 erhielt ihre Abteilung erstmals eine Testversion der KI-basierten Lösung. „Als wir die Daten eingespielt und die Analysefunktionen gesehen haben, hätte ich fast geweint”, erzählt sie. „Mir wurde klar, dass mein Überstundenbudget drastisch sinken würde, einfach weil ich vieles nicht mehr manuell machen muss.“
Ein besonders prägnanter Fall betraf eine Frau, die – so Rayment – „praktisch auf ihrem Handy lebte“: 175 Gigabyte Daten auf einem Gerät. „Das Datenmaterial war extrem aufschlussreich, aber in seiner Menge überwältigend. Ich habe sechs Wochen gebraucht, um alles manuell zu prüfen. Mit Pathfinder brauchte ich dagegen nur vier Tage.“
Ein digitaler Zeuge führt zum Täter
Als im Oktober 2023 eine Person als vermisst gemeldet wurde – verschwunden irgendwo auf der Strecke zwischen Schottland und England – gab es früh Hinweise auf ein Tötungsdelikt. Die Leiche wurde jedoch erst im darauffolgenden Mai in einem Wald in Cumbria gefunden.
„Die Produkte von Cellebrite halfen uns bei der Datenauslese des Telefons und lieferten entscheidende Beweise“, berichtet Myers. Die digitale Spur führte zu einem Verdächtigen, den das Opfer über eine Dating-App kennengelernt hatte. Der Mann wurde in Besitz des Fahrzeugs des Opfers angetroffen.
Mit Pathfinder konnten die Ermittler die Beweiskette rekonstruieren. „Diese Beweise führten letztlich zur Verurteilung“, sagt Myers. Der Täter verbüßt derzeit eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes.
Ausbildung und Kompetenz im Fokus
Fachliche Kompetenz in der digitalen Forensik – und der sichere Umgang mit Beweisen vor Gericht – sind entscheidend für erfolgreiche Verurteilungen.
„Wir schulen gezielt dort, wo es nötig ist. Unsere Mitarbeiter müssen ihre Kompetenz jährlich in einem Protokoll nachweisen, das erfasst, welche Software, Techniken und Prozesse sie genutzt haben“, erklärt Myers. Zudem führt ein akkreditierter Drittanbieter regelmäßig Kompetenztests durch, um die Qualität der Arbeit zu überprüfen. Diese Prüfungen haben auch einen gewissen Wettbewerbscharakter.
„Ein Prüfer legt Fälle vor, etwa zur Auswertung von Mobiltelefonen oder Computern. Wir senden unsere Ergebnisse ein und werden mit anderen Behörden verglichen. Am Ende bekommen wir eine Rückmeldung, wie wir im Vergleich abgeschnitten haben. In der Regel schneiden wir sehr gut ab – und lernen dabei jedes Mal dazu“, so Myers. Henderson ergänzt: „Wir haben hier eigene Standard-Verfahrensweisen etabliert, um Replizierbarkeit und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Wenn ein Forensiker eine Untersuchung abschließt, überprüft ein zweiter die angewandten Methoden und Schritte – um sicherzustellen, dass nichts übersehen oder fehlerhaft durchgeführt wurde, bevor der Fall freigegeben wird.“